Ich bin mit meinem jetzigen Setup (Vanilla Gnome + Silverblue) eigentlich perfekt zufrieden. So sehr, dass es mich langweilt!
Alles funktioniert wie ich es mir vorstelle.
Ich langweile mich aber des Todes und sehne mich nach einer gewissen Veränderung.
Andere DEs außer Gnome “schmecken” mir nicht besonders, da ich den sehr eigenen (kontroversen) Workflow davon über alles liebe und mich, seit dem ich mich dran gewöhnt habe, mit den klassischen Desktops (Windows, Mac, KDE, Cinnamon, usw.) nicht mehr anfreunden kann.
Tiling window managers sehen für mich als Konzept sehr erfrischend und interessant aus.
Ich hab mich zwar schon ein Stückchen weit dazu informiert, werde aber nicht nennenswert schlauer.
Für mich scheint das irgendwie eine etwas verschlossene Nischencommunity in einem Nischen-Betriebssystem zu sein, und selbst einige “Profis” halten davon nicht soo viel und benutzen lieber KDE oder so.
Andere wiederum schwören total drauf und sagen, dass sie nie wieder was anderes wollen und noch nie so produktiv waren.
Meine Fragen dazu wären:
- Was unterscheidet WMs fundamental von DEs?
- Welche Probleme sollen sie lösen?
- Gibt es “anfängerfreundliche” WMs, die schon sehr sane vorkonfiguriert und eher grafisch benutzbar sind? Oder sind WMs generell nur an erfahrene Nutzer gerichtet?
- DEs “verstecken” die Komplexität des OSs vor dem User, beispielsweise durch Einstellungs- und Konfigurationsapps. Komme ich bei WMs, ohne, absolut alles in den Terminal und Config-Dateien einzugeben, damit besonders weit? Ich hab per se keine Angst vorm Terminal, benutze aber tendenziell fast nur grafische Anwendungen, da ich der Meinung bin, dass ein gut durchdachtes UI den Nutzer ebenfalls sehr sehr effizient arbeiten lassen kann. Nur weil man den Terminal für alles benutzen kann, muss man das aber nicht zwangsläufig.
- X11 ist ein alter Hase auf Lebenserhaltung und Wayland ist gerade richtig am kommen. Es gibt aber kaum WMs, die mit Wayland laufen. Wieso? Hat das Nachteile? Sind die “Nachteile” von X11 in WMs nicht so ausgeprägt wie in DEs?
- Würdet ihr mir Hyprland empfehlen? Das ist gerade ja sehr gehyped und sieht sehr vielversprechend aus, besonders, weil ich seeehr auf die Ästhetik achte und mir flüssige Animationen beispielsweise sehr wichtig sind.
- Der Hauptsinn (Effizienz) beruht darin, seine Hände auf der Tastatur lassen zu können. Wenn man aber viel grafisch arbeitet (Browser, Bildbearbeitung, usw.) funktioniert das aber nicht und bietet kaum Vorteile. Eigentlich nur, wenn man programmiert, oder? Dann wäre ein reiner Maus-orientierter Workflow doch deutlich effizienter, oder?
Ich freue mich auf eure Antworten! 🙂
Alles klar! Danke! Dann schau ich mir das ganze mal in einer VM an und gebe euch dann Bescheid :)
Noch zu der Frage wieso es so wenige wayland wms gibt (ist etwas komplizierter, aber die zusammenfassung ist folgendes):
Bei X hat der X server die meisten aufgaben übernommen, von dem es nur eine wesentliche implementation gibt, X.Org, und der window manager managed wirklich nur fenster. Das erlaubt sehr einfache und kleine implementationen, suckless’ dwm ist beispielsweise nur ~3000 Zeilen simpler C-code (https://git.suckless.org/dwm/files.html). Bei wayland gibt es so eine standard server side an sich erstmal nicht, es wird nur ein protokoll spezifiziert, mit dem clients mit dem compositor kommunizieren können. Jeder compositor (nicht mit X compositorn verwechseln, die tun andere sachen) muss also alles von window management bis zum tatsächlichen rendering übernehmen, wie der die aufgaben aufteilt ist jeder implementation selbst überlassen. Das macht waylands server-side implementierungen erst mal viel umfangreicher und komplexer, erlaubt aber auch mehr features. Falls man nur einen window manager basteln will, kann man das oben schon erwähnte wlroots verwenden, eine C library, die sich um die ganzen grundlegenden aufgaben größtenteils kümmert (https://gitlab.freedesktop.org/wlroots/wlroots). Seitdem es die gibt gibt es eine reihe mehr wl compositors, aber selbst damit ist es noch komplizierter als X wms waren.
Danke für die super Erklärung!
Wenn ich das richtig verstanden habe, dass X11 sozusagen “alles” macht, wäre Wayland ja deutlich näher am UNIX-Konzept “mach ein Ding und das dafür gut” dran, oder?
Durch die Aufteilung in mehrere spezialisierte Einzelkomponenten sollte das Gesamtbild ja deutlich leichter zu verstehen sein, oder? Was bedeutet, dass Entwickler nicht mehr X als Gesamtwerk (sehr komplex) begreifen, sondern ihre Arbeit auf eine einzige (leichtere) Sache konzentrieren können, was uns allen zu Gute kommt.
Je mehr ich mich mit X befasse, desto mehr verstehe ich, wieso es abgeschafft werden soll…
Aus einer rein praktischen Perspektive: bieten WL-WMs momentan einen signifikanten Vorteil gegenüber den “älteren” X-WMs? Oder sind die WL-Implementationen momentan noch zu jung, wodurch potentielle Vorteile noch nicht ausgeschöpft werden konnten?
Bei DEs (z.B. Gnome) hat man bei WL inzwischen ja eigentlich nur noch Vorteile. Bessere Akkulaufzeit, flüssigere Animationen, Touchgesten, usw… Sieht es bei WMs momentan noch anders aus?
Man kann natürlich auch einen monolithischen wayland compositor bauen, was wayland wirklich unixoider in dem sinne macht ist ein grundsätzlich moderneres verständnis von rendering. Wenn man einen X server implementieren will, muss man so spaß wie “zeichne eine krumme gestrichelte linie” supporten. Wayland verteilt im wesentlichen nur OpenGL/Vulkan context state und lässt die applications dann selber malen, was heutzutage eh alle machen.
Den einzigen nachteil den ich mit sway im vergleich zu i3 festgestellt habe ist dass es gar keine lust auf funktionieren hat wenn du eine nvidia gpu hast, die binary driver sind völlig raus und selbst mit nouveau braucht man ne ganze menge glück. Und screensharing braucht deutlich mehr einsatz von magie.